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Wischauer Sprachinsel

Festtagstracht aus der Wischauer Sprachinsel

(beschrieben von Willi und Rosina Reim)

tracht_wischauIn den fünf Dörfern der oberen Wischauer Sprachinsel hat sich eine alte Form der Tracht erhalten. Bis zur Vertreibung trugen beide Geschlechter vom Säugling bis ins Greisenalter die Tracht als ihre ausschließliche Kleidung.

Die Tracht zeigte die Zusammengehörigkeit ihrer Träger an, sie kennzeichnete sie als die Bewohner ihrer Orte, des bäuerlichen Standes und deutscher Volkszugehörigkeit. Sie schloß die Dörfer von dem tschechischen Umland ab, wo man längst zur modischen Kleidung übergegangen war. Die Wischauer nahmen den Unterschied in der Kleidung so stark im Sinne einer nationalen Differenzierung wahr, daß sie ihre Tracht als "deutsch" empfanden, moderne Kleidung dagegen als "tschechisch".

Das Foto zeigt die Hochfesttagstracht der verheirateten Frau, wie sie bis zur Vertreibung getragen wurde. Kennzeichnend ist die weiße, gestärkte Haube ("Haupntiachl") mit den rückwärts herunterhängenden, weißen, breiten und bestickten Bändern. Die "Wied", ein quadratischer Rahmen aus Weidenruten, wird mit Bändern, die ins Haar eingeflochten sind, befestigt und gibt dem gesamten Kopfputz den richtigen Halt. Auf die "Wied" kommt eine bestickte, dunkellila Haube, wobei zu beachten ist, dass das rote Rheinischband der "Wied" auf der Stirn zu sehen ist. Den Abschluß bilden die roten, ebenfalls bestickten Rheinischbänder, die über die weißen Bänder fallen.

Das über die Schulter gelegte "Brautentuch" hat eine Länge von 2,25 m und ist sechsmal gefaltet, damit es schön fällt. Die rote Stickerei an den Längsseiten ist rechts und links einer Borte angebracht. Den Abschluß der beiden Schmalseiten bilden religiöse Monogramme und aus dem Stoff gezogene Fransen.

Das auffallendste Merkmal der Wischauer Frauentracht ist die Halskrause ("Tatzl" oder "Kresl"), die durch alle Lebensstufen hindurch und bei allen Gelegenheiten getragen wurde. Die "Tatzl" sind für die festliche Tracht reich mit Weißarbeit verziert, sehr steif gestärkt und mit einer Brennschere geformt ("gekulmt"). Sie werden an eine kurze Bluse ("Miadal") aus bläulich gestärktem Leinen ("pöllerische Leimat") mit Stickereien am Ärmel und an den Schultern angenäht.

Das Seidenmieder ("Jankerl" oder "Fritka") ist mit einem blauen Band an beiden Vorderseiten und am Halsausschnitt versehen. Die roten "Haklbandln" und eine Knopfreihe als Schmuck dienen als Mieder-Verschluß.

Der schwarze, steife Oberrock ("da glitzad Schuaz"), wird über drei bis vier steif gestärkten und ebenfalls gefältelten Unterröcken getragen. Bei den Unterröcken wird unterhalb der Taille eine Doppelnaht ("Bankerl") genäht, damit die Hüften der Trägerin gut zur Geltung kommen. Unter dem Oberrock sollte der oberste der weißen Unterröcke ("pöllerische Schuaz") etwas hervorblitzen.

Die Schürze ("Fürstejck") aus pöllerischer Leinwand hat an der Taille einen reich bestickten Bund ("Riech"), am Saum eine rote Borte und als Abschluß eine schöne Spitze. Die Schürzenbänder sind reich bestickte Moireebänder. Die orangefarbenen, dünnen Wollstrümpfe gelten für alle Altersstufen und sind ganz typisch für die Wischauer Tracht. Die weiß bestickten Ledersamtschuhe ("Rahml-Schuach") sind handgearbeitete Originale und werden mit Maschen aus blauem Rheinischband gebunden. Das bestickte Taschentuch aus dem Jahre 1935 ist ein Brautgeschenk an den Bräutigam.

Der Mann trägt zur schwarzen Tuchhose ein weißes Hemd ("Foit") aus pöllerischer Leinwand mit blau-gestickter Ärmelleiste, dazu einen bunt gestickten Hosenträger und darauf eine geblümte Samtweste ("Brustflejck"), die vorne mit zwei Reihen Messingknöpfen geschlossen wird. Der Hosenträger sollte am Vorderteil knapp aus der Samtweste hervorschauen und an den Armausschnitten sichtbar sein. Ein orange-gemustertes Tuch ("würmalets Tiachl") wird um den Hemdenkragen wie eine Krawatte angelegt. Zu Hochzeiten und festlichen Anlässen wurde auf dem dunkelgrünen Plüschhut mit etwas hellerem grünem Band ein buntes Blumensträussel mit Flitter angebracht.

 

  • Abbildung: Trachtenberater Rosina und Willi Reim in der Wischauer Festtagstracht (Foto: Erich Rudel)
  • Informationen zur Wischauer Sprachinsel: Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel