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Hinweise zum Umgang mit historischen Textilien

von Klaus Mohr, Sudetendeutsches Archiv (erschienen im Kulturbrief der SL 2/2000)

 

Die folgenden Hinweise richten sich an Besitzer von alten Textilien und an die Betreuer der Sudetendeutschen Heimatsammlungen, die historische Textilien aufbewahren. Die Ausführungen sollen nur erste Hinweise darstellen und können keinesfalls die individuelle Beratung durch spezialisierte Textilrestauratoren ersetzen.


Textilien gehören zu den Sammlungsobjekten, die auf unsachgerechte Behandlung am empfindlichsten reagieren. Alte Trachten, aber auch bekleidete Krippenfiguren, Textilien für liturgische Zwecke (Paramente) oder auch mit Stoff bezogene Möbel sollten also nur mit größter Sorgfalt behandelt werden.


Grundsätzlich gilt: Textilien sollen, wenn überhaupt notwendig, nur mit sauberen Händen angefaßt werden. Armbanduhren oder Schmuckstücke sollten dabei möglichst nicht getragen werden, da sie empfindliches Gewebe sehr leicht beschädigen können. Zum Schutze der Gewebe, aber auch des Bearbeiters, empfiehlt sich das Tragen von sauberen Handschuhen aus Latex.


Alte Textilien sollten keinesfalls dauerhaft in Räumen gelagert werden, in denen gearbeitet, gegessen oder geschlafen wird. Denn bestimmte Schimmel- und Bakterienarten, die an den Stoffen möglicherweise vorhanden sind, können schwere gesundheitliche Schäden beim Menschen bewirken (Ranacher 1998). Dazu kommt die Gefährdung durch Insektizidrückstände (Nervengifte), die möglicherweise von früherem, allzu sorglosem Umgang mit Mottenkugeln oder -tabletten an den Textilien zurück geblieben sind. Bei Verdacht auf solche Rückstände ist große Vorsicht geboten und es sollte entsprechende Schutzkleidung getragen werden (Latex-Handschuhe, Mundschutz).


Von der Gefährdung der Menschen durch die Textilien zurück zur Gefährdung der Textilien durch die Menschen: die Reinigung, wenn denn unbedingt notwendig, sollte erfahrenen Fachkräften vorbehalten bleiben. Keinesfalls sollten alte Textilien mit modernen Waschmitteln oder in der Waschmaschine gewaschen werden, auch nicht in der Chemischen Reinigung (Worch 1998: Paramente 3). Zum Schutze vor Ausbleichen durch die Einwirkung von Licht sollen Textilien bei Dunkelheit gelagert werden. Direkte Einstrahlung von Tageslicht ist in jedem Falle zu vermeiden. In Ausstellungen ist für Textilien eine Lichtstärke von 50 Lux zulässig (zum Vergleich: bei wenig lichtempfindlichen Objekten wie Glas oder Keramik sind es 1000 Lux).


Zum Schutz vor Staub (und vor Berührungen) sollten Textilien nur in Vitrinen ausgestellt werden. Außerhalb der Besichtigungszeiten sollte die Vitrine mit Tüchern gegen das Raumlicht abgedeckt werden. Empfohlen für die Lagerung von Textilien werden eine konstante Luftfeuchtigkeit von 50-60% und eine konstante Raumtemperatur von 17-21°C (Schweizerisches Landesmuseum 1988, S. 30).


Textilien sollen dauerhaft möglichst spannungsfrei und ohne Druck gelagert werden. Daher wird die Verpackung in Schachteln aus säurefreiem Karton empfohlen. Die Verpackung sollte unter Anleitung eines Restaurators erfolgen, da dabei viele wichtige Aspekte zu beachten sind. Falten und Hohlräume sollen mit chlor- und säurefreiem Seidenpapier ausgestopft werden, die Schachteln dürfen nicht zu kleine Maße aufweisen, und sie dürfen nicht überfüllt werden. Legt man (wenige!) Einzelstücke übereinander, so soll das schwerste Stück unten liegen, die leichteren, durch Seidenpapier getrennt, darüber. Alle Textilien, die aus mehreren Stofflagen bestehen, sollen flach ausgelegt werden (nicht gefaltet). Tücher u.ä. können auch auf Rollen faltenfrei mit Seidenpapier aufgerollt werden. Die Rollen werden dann an den frei gebliebenen Enden in entsprechende Halterungen eingehängt (nicht einfach in ein Regal legen, da das Tuch dann ja wieder einem Druck auf bestimmte Stellen ausgesetzt ist).
Werden Kostüme aus Platzmangel hängend aufbewahrt (wovon abzuraten ist), so sollen wenigstens die Kleiderbügel auf Schulterdicke aufgepolstert werden (mit Polyestervlies und Baumwollschlauchgewebe, Reichert 1992, S.26). Ein leichter Überzug aus Baumwolle schützt das Kleidungsstück gegen Verhakungen mit zu dicht aneinander gehängten anderen Stücken und gegen Staub. Plastikfolien sollen dazu nicht verwendet werden, da sie die Schimmelbildung begünstigen und chemische Reaktionen auslösen können.


Zum Anbringen von Inventarnummern dürfen Stecknadeln, Tacker und dergleichen nicht verwendet werden. Besser ist ein Hängeetikett (Karton und ungefärbter Faden, im Handel erhältlich) oder mit 'Schlingstich' eingenähtes Wäscheband.


Bei Insektenbefall (Motten) sollen die befallenen Objekte isoliert werden, um die Ausbreitung zu verhindern. Die direkte Gefahr für die Textilien geht von den Raupen aus, aber die fliegenden Motten legen natürlich weitere Eier auf die Textilien. Keinesfalls sollten Mottenkugeln, -streifen oder -tabletten eingesetzt werden. Diese enthalten Nervengifte, die, vor allem bei Überdosierung, schwere Gesundheitsschäden auch beim Menschen hervorrufen können. Außerdem garantieren auch sie keine zuverlässige Abtötung aller Motten, Larven und Eier. Eine zuverlässige und ungefährliche Methode zur Schädlingsbekämpfung ist die Begasung der befallenen Bestände mit Stickstoff (evtl. auch mit Kohlendioxid) durch eine Spezialfirma. Ob und welche Begasung notwendig ist, sollte auch wegen der hohen Kosten auf jeden Fall mit einem sachkundigen Restaurator abgesprochen werden. Die Begasung stellt eine relativ aufwendige Methode der Schädlingsbekämpfung dar. Dabei müssen alle befallenen und verdächtigen Objekte in eine Art Plastikzelt ('Bubble') gebracht werden, das am Besten vor Ort in einem ausreichend großen Raum aufgebaut wird. Es können unterschiedlichste Materialien gleichzeitig begast werden, also auch von Schädlingen befallene Holzteile (Möbel, Bilderrahmen etc.). Die Textilien können während der Begasung in ihren Kartons bleiben, auch gefüllte Truhen etc. müssen nicht eigens entleert werden. Die Beauftragung einer Spezialfirma entbindet allerdings nicht davon, die Einlagerung der Objekte in die Bubble sorgfältig zu überwachen. Vor allem muß darauf geachtet werden, daß die schwersten Objekte unten zu stehen kommen, und daß beim Aufeinanderstapeln keine mechanischen Schäden entstehen. Die Begasung erstreckt sich über mehrere Wochen, während derer die Gasfüllung immer wieder kontrolliert und ergänzt wird. Alternativ zur Begasung vor Ort besteht auch die Möglichkeit, die Objekte in einer speziellen Kammer der Begasungsfirma zu behandeln. Hier gilt es im Einzelfall abzuwägen, welche Lösung die kostengünstigere und praktikablere ist.


Vorbeugend können im Handel erhältliche Präparate wie Zedernhölzer oder Lavendel ausgelegt werden. Ihre Wirksamkeit sollte nicht überschätzt werden. Ihre Duftstoffe vertreiben zwar keine Schädlinge, sollen aber den Neubefall verhindern. Sie müssen natürlich regelmäßig nach Gebrauchsanleitung erneuert werden.


Der Umgang mit alten Textilien erfordert, soviel wird deutlich geworden sein, einen nicht unbeträchtlichen Aufwand an Zeit, Geschicklichkeit, Sachverstand und, nicht zuletzt, Geld. Eigentümer, die sich mit dem Gedanken tragen, ihre wertvollen Stücke einer Heimatsammlung oder einem Museum zu übereignen, sollten sich vergewissern, daß dort auch ein wirklich sachgerechter Umgang mit den Stücken zu erwarten ist. Heimatstuben, die die konservatorischen Bedingungen nicht erfüllen können, sollten erwägen, zumindest ihre nicht ausgestellten Stücke an ein besser ausgestattetes Museum zu übergeben.

 

Literatur:

  • Mühlethaler, B.: Kleines Handbuch der Konservierungstechnik. 4. überarb. Auflage, Bern u. Stuttgart 1988.
  • Ranacher, Maria: Mikroorganismen- und Schadinsektenbefall im Depot: Ursachen, Sanierung, Hygiene und Gesundheitsschutz. In: Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen (Hrsg.): Das Depot - der andere Teil der Sammlung. 9. Bayer. Museumstag. München 1998, S. 53-74.
  • Reichert, Ulrike: Handhabung von Textilien im Museum. In: Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen (Hg.): Umgang mit Sachen. 6. Bayerischer Museumstag, Regensburg 4.-6. Sept. 1991. München 1992, S. 22-26.
  • Schweizerisches Landesmuseum (Hrsg): Vom Umgang mit Museumsobjekten. Handhabung, Transport, Lagerung. Zürich 1988.
  • Worch, Maria Theresia: Paramente 1-3. München 1998 (= Arbeitsblätter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege).