Ein neues Trachtenmuseum in Tschechien

22. 09. 2020

Am 15. September 2020 organisierte die Heimatpflege der Sudetendeutschen nach einem halben Jahr coronabedingter Veranstaltungspause einen Vortrag von Jan Kuča (Brünn) über das Museum „Ostrov lidových krojů“ zu deutsch  Museum "Insel der Volkstrachten" in Ostrov 3, 285 22 Zbraslavice, unweit von Kuttenberg (Kutná Hora) bei Zbraslawitz (Zbraslavice) in Mittelböhmen. Das Museum ist im Aufbau und soll im Mai 2021 eröffnet werden. Bis dahin gibt es aber noch viel Arbeit. Neben Mgr. Jan Kuča standen die sudetendeutsche Trachtenberaterinnen Frau Edeltraud Höfer und Frau Rosina Reim für die Fragen der 26 Publikumsteilnehmer  zur Verfügung.

 

Das Museum soll im Erdgeschoss des ehemaligen Wirtschaftshofes entstehen. Eine erste Sammlung an Trachten wurde von einer Frau und ihrer Tochter gekauft, welche slawische Trachten (keine deutschen Trachten) aus Böhmen, Mähren und der Slowakei gesammelt haben.

Zu Beginn des Museumsbetriebs soll aber 1/3 der Ausstellungsfläche deutschen Trachten gewidmet sein, weil früher auch 1/3 der Gebiete, in denen Trachten getragen wurden, deutsche Gebiete waren.

Die von diesen beiden Frauen aufgekaufte Sammlung beinhaltete aber auch schlecht gemachte Trachten. Das Museum sammelt aktuell weiter, um alle sieben Regionen der Tschechischen Republik abzudecken. Slowakische Trachten werden nicht ausgestellt. Der entsprechende Bestand des Museums soll verkauft werden - um Geld zu haben für die Restaurierung alter Trachten oder um Geld für den Ankauf neuer Trachten zu erhalten.

Auf einer Karte am Eingang des Museums werden die Trachten als gemalte Figuren zu sehen sein. Ca. 150 dieser Figuren sind schon gemalt. Auf den Glasscheiben der Vitrinen werden Texte stehen – bei deutschen Trachten auch in deutscher Sprache. Außerdem wird im Museum eine kleine Ausstellung zur Textilverarbeitung, z.B. ein Webstuhl usw. sowie Gerätschaften zur Verarbeitung von Wolle und Flachs zu sehen sein.

Die Ausstellung über böhmische Trachten wird auf rund 100 Figurinen (eine Art Schaufensterpuppe, welche die Trachten trägt) präsentiert werden. Manche wurden vom Sudetendeutschen Museum in München leihweise zur Verfügung gestellt.

Mittelböhmen ist bspw. auch die Region um Prag. Hier sind die jüngsten Trachten vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie haben sehr wertvolle Bestandteile und sind sehr selten.

Von Südböhmen hat das Museum nicht viele Sachen.

Die Ausstellung über mährische Trachten wird rund 140 Figurinen haben.

Das letzte Bild Schlesien – Troppau und Teschen komplettiert die bisherige Sammlung.

Die Eröffnung des Museums ist für Mai 2021 geplant. Es ergeht die Einladung an alle, die Ausstellung zu besuchen.

Bisher verfügt da Museum über  deutsche Trachten aus den Regionen:

Böhmen:

Egerland: neue nachgemachte Varianten

Budweiser Gebiet (nicht auf den Fotos)

Adlergebirge

Mähren:

Iglauer und Wischauer Sprachinsel

Es werden weitere alte Trachten gesucht, weil noch nicht alle deutschen Trachtenlandschaften  repräsentiert wurden.

Möglich ist ein Dauerleihvertrag – also ein Leihvertrag mit Begrenzung solange die Tracht ausgestellt wird – ergänzte Frau Reim.

Mgr. Jan Kuča erklärte auf Nachfrage, dass der Investor des Museums Firmen in verschiedenen Branchen besitzt. Im Museum arbeiten auch wissenschaftliche Mitarbeiter aus öffentlichen Institutionen mit.

Es wird möglich sein, mittels QR-Code per App auf dem Smartphone oder Tablet vor den Vitrinen zusätzliche Informationen zu jeder Tracht zu lesen. Dies wird zunächst in Tschechisch, Deutsch und Englisch möglich sein. Die Angebote weiterer Sprachen werden davon abhängen, aus welchem Sprachraum Besucher kommen.

Es besteht Kontakt zum Museumsverband des Nationalparks Riesengebirge. Dies hat zwar einige Trachten für das Museum zustande gebracht, aber bisher keine deutsche Tracht. Von deutschen Trachten haben sie nur zwei Mieder erhalten.

Aus der Reichenberger Gegend sind Herrn Mgr. Jan Kuča keine erhaltenen Trachten bekannt.

Im Riesengebirge waren sich die slawischen und deutschen Trachten sehr ähnlich. Aber im östlichen Riesengebirge, also bspw. der Region Trautenau, waren die Trachten überwiegend deutsch. Davon haben sie bisher nichts.

Lediglich das nicht mehr existierende Landesmuseum in Brünn habe eine größere Trachtenausstellung besessen. Alle anderen bekannten Museen haben nur einzelne Figurinen.

Ich empfahl Herrn Kuča, auf dem Heimweg die Ausstellung auf der Burg Tittmoning anzusehen.

Kontakte zu Institutionen außerhalb Tschechiens sind eher schwierig. Leichter ist es, Trachten von Privatpersonen und sudetendeutschen Organisationen zu erhalten.

Von einigen Regionen besitzt das Museum Alltags- oder Arbeitstrachten. Meistens sind es jedoch Feiertags- oder Tanztrachten.

Das Museum sammelt auch Fachliteratur über Trachten.

Wo Trachten fehlen, ist z.B. von Mähren die Region „Kuhländchen“  und Südböhmen.

Es wäre schon ein Erfolg, wenn alle sudetendeutschen Regionen vertreten wären.

Mgr. Jan Kuča stand am Tag darauf um 9.00 Uhr zu einem Arbeitsgespräch zur Verfügung. Außerdem wurden bei dieser Gelegenheit die Mustertrachten ausgestellt.

Peter Stächelin

 

Bild zur Meldung: Foto von Peter Stächelin